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Rechtsanwalt Frank P. Gäbelein

Darlegungs- und Beweislast für den Zugang einer E-Mail

Autor: Frank P. Gäbelein

Thema: Arbeitsrecht (Arbeitgeber)

Veröffentlicht am: 13. April 2022

Zur Darlegungs- und Beweislast hinsichtlich des Zugangs einer E-Mail werden in der Rechtsprechung unterschiedliche Auffassungen vertreten.

 

Im Rahmen eines Urteils vom 11.01.2021 (4 Sa 315/21) hat sich das Landesarbeitsgericht Köln der Rechtsauffassung angeschlossen, wonach der Zugang einer E-Mail gemäß § 130 BGB vom Versender darzulegen und zu beweisen ist. Die Absendung der E-Mail begründe keinen Anscheinsbeweis für den Zugang beim Empfänger.
Ausgehend vom Gesetzeswortlaut des § 130 BGB müsse die abgegebene Willenserklärung unter Abwesenden dem Empfänger zugehen. Dies ist nach ständiger Rechtsprechung der Fall, wenn die Willenserklärung derart in den Machtbereich des Empfängers gerät, dass dieser nach allgemeinen Umständen von ihr Kenntnis erlangen kann. Nach dem Versenden einer E-Mail wird die Nachricht auf einem Server eingehen. Dies sei jedoch nicht gewiss. Wie auch bei einfacher Post ist es technisch möglich, dass die Nachricht nicht ankommt. Das Risiko könne nicht dem Empfänger aufgebürdet werden. Der Versender wählt die Art der Übermittlung der Willenserklärung und damit das Risiko, dass die Nachricht nicht ankommt. Zudem habe der Versender die Möglichkeit vorzubeugen. Um sicherzustellen, dass eine E-Mail den Adressaten erreicht hat, habe der Versender, über die Optionsverwaltung eines E-Mail-Programms, die Möglichkeit, eine Lesebestätigung anzufordern.
Dem Absender komme keine Beweiserleichterung zu Gute, wenn er nach dem Versenden keine Meldung über die Unzustellbarkeit der E-Mail erhält.

 

In dem Rechtsstreit stritten die Parteien um die Verpflichtung des Klägers, der als Pilot seine Ausbildung bei der beklagten Fluggesellschaft absolviert hat, ein ihm zur Finanzierung seiner Ausbildung gewährtes Darlehen an die Beklagte zurückzuzahlen. Der Kläger hatte sich im Rahmen des Schulungsvertrages dazu verpflichtet, sich mit einem Eigenanteil in Höhe von 60.000,00 Euro an den Kosten der Ausbildung zu beteiligen. In einem Darlehensvertrag zum Schulungsvertrag war geregelt, dass die Beklagte auf die Rückzahlung des Darlehens verzichtet, wenn sie aus betrieblichen Gründen dem Kläger nicht innerhalb von fünf Jahren nach Beendigung der Fortbildung die Übernahme in ein Arbeitsverhältnis anbietet.

Zwischen den Parteien war streitig, ob der Kläger eine E-Mail der Beklagten mit einem Beschäftigungsangebot als Anlage am letzten Tag der Frist erhalten hat. Die Beklagte verwies auf ihr Postausgangs- und Posteingangskonto, wonach die E-Mail verschickt worden sei und sie daraufhin keine Meldung der Unzustellbarkeit bekommen habe. Laut Kläger ging eine solche E-Mail erst drei Tage später bei ihm ein.

In dem nachfolgend vereinbarten Arbeitsverhältnis hat die Beklagte sodann vom Gehalt des Klägers monatlich jeweils 500 Euro als Darlehensrückzahlung einbehalten. Sie war der Ansicht, dass dem Kläger rechtzeitig ein Arbeitsplatz aufgrund der E-Mail angeboten worden sei. Die Bedingung für den Verzicht auf die Rückzahlung sei nicht eingetreten. Sie könne sich hinsichtlich des fristgerechten Zugangs der E-Mail auf den Beweis des ersten Anscheins berufen.
Das Arbeitsgericht hat der Lohnzahlungsklage des Klägers stattgegeben. Die hiergegen eingelegte Berufung der Beklagten hat das Landesarbeitsgericht zurückgewiesen.

Landesarbeitsgericht Köln, Urteil vom 11.01.2022 – 4 Sa 315/21

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