Fremdgeschäftsführer - Keine Berücksichtigung im Rahmen des Schwellenwertes gemäß § 23 Abs. 1 KSchG

Der Fremdgeschäftsführer einer GmbH beschäftigt regelmäßig die arbeitsgerichtliche Rechtsprechung. Abgesehen von der grundsätzlichen Frage, ob es sich bei dem Fremdgeschäftsführer um einen Arbeitnehmer handelt, stellt sich regelmäßig die Frage, ob der Fremdgeschäftsführer zu berücksichtigen ist, wenn es um die Frage der Anwendbarkeit des Kündigungsschutzgesetzes geht.
Gemäß § 23 Abs. 1 S. 3 KSchG kommt das Kündigungsschutzgesetz nicht zur Anwendung, und eine Kündigung unterliegt nicht dem Prüfungsmaßstab nach dem Kündigungsschutzgesetz, wenn bei dem Arbeitgeber nicht mehr als 10 Personen beschäftigt sind.

Nach einer aktuellen Entscheidung des LAG München gelten Fremdgeschäftsführer nicht als Arbeitnehmer und sind im Rahmen der Ermittlung des Schwellenwertes des § 23 KSchG nicht zu berücksichtigen.

Die Bejahung der Arbeitnehmereigenschaft verbiete sich bereits aus § 14 Abs. 1 Nr. 1 KSchG, wonach die Vorschriften des ersten Abschnitts des Kündigungsschutzgesetzes nicht gelten in Betrieben einer juristischen Person für die Mitglieder des Organs, das zur gesetzlichen Vertretung der juristischen Person berufen ist.
Nach Ansicht des LAG München würde eine andere Betrachtungsweise zu einem nicht zu begründenden Wertungswiderspruch führen, denn es wäre inkonsequent einerseits einem Fremdgeschäftsführer einen Kündigungsschutz nach dem Kündigungsschutzgesetz, wie gesetzlich geregelt, zu verneinen, zum anderen aber diese Person ohne Kündigungsschutz bei der Berechnung der Beschäftigtenzahl nach § 23 Abs. 1 KSchG miteinzubeziehen.
Nach der Rechtsprechung des Bundesarbeitsgerichts (Entscheidung vom 21.01.2019 - 9 AZB 23/18) sind die als Fremdgeschäftsführer geleisteten Dienste nach ihrer sozialen Typik nicht mit denen eines Arbeitnehmers vergleichbar. Dies ergibt sich aus der mit ihrem Amt verbundenen Rechtsstellung. Der Geschäftsführer einer GmbH verkörpert als gesetzlicher Vertreter der Gesellschaft (§ 35 Abs. 1 GmbHG) den Arbeitgeber und nimmt Arbeitgeberfunktionen wahr.

Der Geschäftsführer werde anders als ein Arbeitnehmer regelmäßig auf der Grundlage eines Dienstvertrages, und nicht auf Basis eines Arbeitsvertrags tätig.
Nach Ansicht des LAG München ergibt sich auch aus der Rechtsprechung des EuGH nicht, dass Geschäftsführer als Arbeitnehmer im Zusammenhang mit dem Schwellenwert des § 23 KSchG mitzuzählen sind.

LAG München, Urteil vom 09.07.2020 – 7 Sa 444/20

12.03.2021, 13:54
Kategorien: Veröffentlichungen
Rechtsgebiete: Arbeitsrecht