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Rechtsanwalt Jochen König

Wertersatz bei Anfechtung in der Insolvenz

Autor: Jochen König

Thema: Immobilien- und Grundstücksrecht

Veröffentlicht am: 21. Juni 2021

Jedenfalls dann, wenn sich der durch eine anfechtbare Rechtshandlung des Insolvenzschuldners weggegebene Gegenstand noch im Vermögen des Anfechtungsgegners befindet, ist für die Berechnung des Wertersatzes auf den Zeitpunkt der letzten mündlichen Verhandlung in der Tatsacheninstanz abzustellen, auch wenn der Anfechtungsgegner schon zum Zeitpunkt der Eröffnung des Insolvenzverfahrens nur noch Wertersatz schuldete (Abgrenzung von BGH, Urteil vom 09.07.1987, IX ZR 167/86).

 

(OLG Nürnberg, Urteil vom 15.04.2021 – 5 U 1524/17; anhängig beim BGH, IX ZR 73/21)

 

Anmerkung

Das Gericht differenziert hier in gut nachvollziehbarer Begründung und grenzt den zu entscheidenden Fall zur bisherigen Rechtsprechung des BGH dahingehend ab, dass der in anfechtbarer Weise weggegebene Gegenstand (anders als in dem vom BGH entschiedenen Fall) auch noch nach Insolvenzeröffnung vorhanden ist und demnach bei der Bemessung des Anfechtungsanspruchs auch die bis zum Schluss der mündlichen Verhandlung eintretende Wertsteigerung der Insolvenzmasse zu Gute kommen müsse. Der Umstand, dass die Rückgewähr des in anfechtbarer Weise weggegeben Gegenstandes rechtlich nicht mehr möglich sei, führe zu keinem anderen Ergebnis.

 

Sachverhalt

Der Kläger nimmt in seiner Funktion als Treuhänder, der zur Anfechtung von der Gläubigerversammlung beauftragt wurde, den Beklagten aus insolvenzrechtlicher Anfechtung eines am 10.07.2007 von dem Notar Dr. V… in J… beurkundeten Teilerbauseinandersetzungsvertrags in Anspruch. Erstinstanzlich hat er die Auflassung eines hälftigen Miteigentumsanteils an einem Grundstück in D… sowie die Bewilligung der Eintragung der Rechtsänderung gefordert. Zweitinstanzlich macht er hilfsweise einen Wertersatzanspruch geltend.

 

Mit dem genannten Vertrag vom 10.07.2007 hatte sich eine aus dem Schuldner und dem Beklagten – dem Bruder des Schuldners – bestehende Erbengemeinschaft im Hinblick auf ein in den Nachlass fallendes, mit einem Zweifamilienhaus bebautes Grundstück in D…-B…h (E…) in der Weise auseinandergesetzt, dass das genannte Grundstück dem Beklagten zu alleinigem Eigentum zugewiesen und übertragen wurde. Der Beklagte hatte sich verpflichtet, an den Schuldner als Ausgleich für die Übertragung einen Betrag in Höhe von 140.000 € zu zahlen, wobei ein Betrag von 20.000 € für bereits gezahlt erklärt wurde. Weitere 119.220 € hat der Beklagte in der Folgezeit durch Banküberweisung geleistet. In dem Vertrag wird darauf hingewiesen, dass sich die Erbengemeinschaft ausschließlich hinsichtlich des genannten Grundbesitzes auseinandersetze.

 

Über das Vermögen des Schuldners ist mit Beschluss des Amtsgerichts Düsseldorf vom 19.05.2011 das Insolvenzverfahren eröffnet worden. Mit Anwaltsschreiben vom 25.09.2013 machte der Treuhänder gegenüber dem Beklagten einen Anfechtungsanspruch in Bezug auf die Übertragung des Grundstücks mit der Begründung geltend, der Betrag von 140.000 € liege weit unter dem Markt- und Verkehrswert; das Gesamtgrundstück hätte für 410.000 € verkauft werden können, weshalb sich der Vorgang als gemischte Schenkung darstelle.

 

Die Voraussetzungen des § 134 InsO sind zwischen den Parteien streitig, wobei hier von einer Darstellung im Einzelnen abgesehen wird.

 

Die vom Landgericht beauftragte Sachverständige hat zum Stichtag 01.07.2007 den Verkehrswert des Gesamtanwesens mit 361.000 € ermittelt; der hälftige Miteigentumsanteil habe daher einen Wert von rund 180.000 € gehabt.

 

Nach einem rechtlichen Hinweis des Senats beantragt der Kläger und Berufungsbeklagte im Berufungsverfahren in erster Linie die Zurückweisung des Rechtsmittels des Beklagten; hilfsweise beantragt er, das Urteil des Landgerichts Amberg vom 27.07.2017 dahin abzuändern, dass der Beklagte verurteilt wird, an den Kläger einen Betrag in Höhe von Euro 200.500,00 zuzüglich Zinsen hieraus in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem Basiszinssatz p. a. ab 13.03.2020 zu zahlen.

 

Diesen Hilfsantrag hat der Beklagte in der mündlichen Verhandlung vom 13.03.2020 in Höhe eines Teilbetrages von 40.500 € zuzüglich anteiliger Zinsen anerkannt. Im Übrigen beantragt er die Zurückweisung des Hilfsantrages.

 

Das OLG hat ein ergänzendes Gutachten der Sachverständigen Dipl.-Ing. (FH) S… M… zum Verkehrswert des Anwesens E… in D… eingeholt, das die Sachverständige unter dem 30.07.2020 zum Stichtag 21.07.2020 erstellt hat. Nach der Ermittlung der Sachverständigen Dipl.-Ing. (FH) S… M… beträgt der Wert des Gesamtgrundstückes zum Besichtigungsstichtag 21.07.2020 590.000 €, woraus sich der Wert der in das Vermögen des Beklagten gelangten Leistung zu 295.000 € ergibt.

Entscheidungsgründe

Zur Begründung führt das Gericht u.a. aus:

“Bei der am 10.07.2007 mit notariellem Vertrag vereinbarten Teilerbauseinandersetzung zwischen dem Schuldner und dem Beklagten, gegenständlich beschränkt auf das Grundstück in D…, und dem anschließenden Vollzug dieser Vereinbarung handelt es sich um eine anfechtbare Rechtshandlung i. S. d. § 129 Abs. 1 InsO in Gestalt einer unentgeltlichen Leistung des Schuldners, die nicht früher als vier Jahre vor dem Antrag auf Eröffnung des Insolvenzverfahrens vorgenommen worden ist und die Insolvenzgläubiger benachteiligt; sie kann deshalb – jedenfalls – nach § 134 Abs. 1 InsO angefochten werden und ist vom Kläger wirksam angefochten worden.

 

Die am 10.07.2007 vereinbarte und nachfolgend vollzogene Teilerbauseinandersetzung zwischen dem Schuldner und dem Beklagten stellt, wie das Landgericht richtig entschieden hat, wenngleich unter Verkennung des rechtlichen Gehalts des Vorganges, eine gläubigerbenachteiligende anfechtbare Rechtshandlung des Schuldners dar.

 

Der Schuldner hat nicht, wie vom Landgericht allerdings dargestellt, einen Miteigentumsanteil an dem Grundstück in D… auf den Beklagten übertragen und sich hierfür einen Betrag von 140.000 € als Gegenleistung versprechen lassen (und bis auf einen geringfügigen Rest auch erhalten), vielmehr hat eine aus dem Schuldner und dem Beklagten bestehende Erbengemeinschaft nach einer von den Parteien nicht genannten Person ein in den Nachlass fallendes Grundstück, an dem während des Bestehens der Erbengemeinschaft weder der Schuldner noch der Beklagte einen Miteigentumsanteil innehatten (§ 2033 Abs. 2 BGB), dem Beklagten als Miterben zu Alleineigentum zugewiesen und nachfolgend auf ihn übertragen. Damit ist dieser Gegenstand aus dem Vermögen der Gesamthandsgemeinschaft – der Erbengemeinschaft – ausgeschieden und in das alleinige Eigentum des Beklagten übergegangen. Dieser Vorgang hat zu einer Minderung des Wertes des dem Schuldner zustehenden Miterbenanteils, auf den künftige Insolvenzgläubiger allein hätten Zugriff nehmen können (§ 859 Abs. 2 ZPO), geführt. Steht dieser Wertminderung keine gleichwertige Mehrung des Schuldnervermögens durch Zufluss einer entsprechenden Gegenleistung gegenüber, so ist eine Verkürzung des dem Gläubigerzugriff zur Verfügung stehenden Vermögens des Schuldners eingetreten, und zwar durch eine Rechtshandlung des Schuldners, denn es genügt für die Anfechtbarkeit, dass der Schuldner an der Rechtshandlung in seiner Eigenschaft als Miterbe mitgewirkt hat (BGHZ 72, 39). So liegt es hier.

 

Im Zwei-Personen-Verhältnis ist eine Leistung als unentgeltlich anzusehen, wenn ein Vermögenswert des Verfügenden zu Gunsten der anderen Person aufgegeben wird, ohne dass dem Verfügenden ein entsprechender Vermögenswert vereinbarungsgemäß zufließen soll. Für die Bewertung ist in erster Linie die objektive Wertrelation zwischen der Leistung des Schuldners und der Gegenleistung des Empfängers ausschlaggebend, denn andernfalls könnten die Beteiligten allein dadurch, dass sie einer für den Schuldner objektiv wertlosen Leistung in ihren rechtsgeschäftlichen Erklärungen einen subjektiven Wert beimessen, den Zweck des Gesetzes vereiteln (BGH, ZIP 2016, 2329). Dabei gebietet der Zweck des Gesetzes, Gläubiger entgeltlich begründeter Rechte gegen die Folgen unentgeltlicher Übervorteilung des Schuldners innerhalb eines bestimmten Zeitraumes vor Insolvenzeröffnung zu schützen, eine weite Auslegung des Begriffs der Unentgeltlichkeit (BGHZ 204, 231). Eine vertragliche Einigung über die Unentgeltlichkeit als solche ist nicht vorausgesetzt (BGHZ 71, 61). Allerdings steht den Beteiligten hinsichtlich der Bewertung der beiderseitigen Leistungen ein Spielraum – der sog. Bewertungsspielraum – zu. Beweist der Insolvenzverwalter ein Missverhältnis des objektiven Werts von Leistung und Gegenleistung – wobei es auf das Wertverhältnis zum Zeitpunkt der potentiell anfechtbaren Verfügung ankommt -, so kann die Anwendung des § 134 Abs. 1 InsO dennoch daran scheitern, dass beide Teile nach den objektiven Umständen der Vertragsanbahnung, der Vorüberlegungen der Parteien und des Vertragsschlusses selbst von einem Austauschgeschäft ausgegangen sind und zudem in gutem Glauben von der Gleichwertigkeit von Leistung und Gegenleistung überzeugt waren (BGH, ZIP 2016, 2329), jedoch müssen objektive Umstände vorgelegen haben, die eine solche Annahme der Vertragsparteien erlaubten (BGH, ZIP 2020, 2348). Das Fehlen solcher objektiven Umstände steht zur Darlegungs- und Beweislast des Insolvenzverwalters, wobei er aber nur diejenigen Umstände auszuräumen hat, die vom Anfechtungsgegner substantiiert dargelegt werden (BGH, a.a.O.). Im vorliegenden Fall ist zusätzlich zu berücksichtigen, dass es sich nicht um ein Austausch-Marktgeschäft handelt, bei dem grundsätzlich davon auszugehen ist, dass jeder Vertragsteil zum Schutz gegen eine Übervorteilung seine eigenen Interessen bei der Bewertung von Leistung und Gegenleistung hinreichend wahrnimmt (BGH, ZIP 2016, 2329). Bei Verträgen zwischen nahestehenden Personen, insbesondere Verwandten wie im Streitfall, kann dies nicht ohne weiteres vorausgesetzt werden. Die Bestimmung einer Gegenleistung wird dann oft durch persönliche Verhältnisse beeinflusst, zudem besteht bei Verträgen zwischen nahestehenden Personen die Gefahr, dass sie bloße Scheingeschäfte darstellen, um Gegenstände vor dem Zugriff der Gläubiger zu schützen (BGH, a.a.O.).

 

Im vorliegenden Fall hat der Kläger den Nachweis eines objektiven Missverhältnisses zwischen Leistung und Gegenleistung, bezogen auf den Zeitpunkt der beeinträchtigenden Verfügung des Schuldners, geführt. Nach dem vom Landgericht eingeholten Gutachten der Sachverständigen Dipl.-Ing. (FH) S… M…, dessen Richtigkeit von den Parteien nicht in Zweifel gezogen wird, betrug der Verkehrswert des Gesamtgrundstückes zum Stichtag 01.07.2007 361.000 €; bei einer Erbquote von 1/2 bedeutete die Teilerbauseinandersetzung einen Wertverlust des Miterbenanteils des Schuldners von 180.500 €. Dem stand eine Gegenleistung in vereinbarter Höhe von 140.000 € gegenüber, so dass der Wert der vom Beklagten zu erbringenden Gegenleistung nur knapp 78% des Wertes der vom Schuldner zu erbringenden Leistung betrug.

 

Entgegen der Auffassung des Beklagten setzt die Anfechtbarkeit einer gemischten Schenkung nicht voraus, dass der unentgeltliche Charakter des Geschäfts überwiegt. Dies wird für den Widerruf einer gemischten Schenkung wegen groben Undanks gefordert (BGHZ 107,156), nicht aber für die Anfechtung; aus der von Kayser/Freudenberg (Münchener Komm. zur Insolvenzordnung) in Fn. 323 zu § 134 InsO angeführten Entscheidung BGHZ 57, 123 – zu § 3 AnfG – ergibt sich nichts anderes. Auch dort hatte der Bundesgerichtshof – wie in späteren Entscheidungen – nur ein Missverhältnis zwischen Leistung und Gegenleistung unter Überschreitung des Bewertungsspielraumes verlangt.

 

Zwar behauptet der Beklagte, dass die Parteien von einer Gleichwertigkeit von Leistung und Gegenleistung ausgegangen seien. Objektive Umstände, die eine derartige Annahme der Vertragsparteien erlaubt hätten, hat er jedoch nicht dargelegt; im Gegenteil sprechen die Umstände der Vertragsanbahnung sowie die in dem Memorandum des Beklagten dargelegten Überlegungen deutlich dafür, dass den Parteien die Ungleichwertigkeit von Leistung und Gegenleistung durchaus bewusst gewesen ist, sie also gerade nicht in gutem Glauben der Überzeugung waren, bei der Bemessung von Leistung und Gegenleistung einen allen Interessen gerechten Ausgleich gefunden zu haben (BGH, ZIP 2016, 2329).

 

(…)

Schließlich kann auch nicht von einem Notverkauf gesprochen werden, der ein Unterschreiten des Verkehrswertes ermöglicht hätte, ohne dass das Rechtsgeschäft seinen (rein) entgeltlichen Charakter verloren hätte. Ein Notverkauf kann in Betracht kommen, wenn ein dringendes Liquiditätsbedürfnis durch den Verkauf eines Gegenstandes – insbesondere einer Immobilie – unter Wert befriedigt werden soll; die Parteien sehen die objektiv zu geringe Gegenleistung unter den besonderen Umständen als vollwertig an (s. Ganter, NZI 2015, 249, 257).

 

(…)

Als Rechtsfolge einer teilweisen unentgeltlichen Leistung – wie hier – ist vorrangig der Wertüberschuss der schuldnerischen Leistung an die Insolvenzmasse zurückzugewähren. Soweit die Leistung teilbar ist, bleibt die Rechtsfolge der Anfechtung gemäß § 134 InsO auf den überschießenden Teil, der als unentgeltlich gilt, beschränkt. Ist aber – wie hier – die höherwertige Leistung des Schuldners unteilbar, richtet sich die Anfechtung grundsätzlich auf Rückgewähr der Leistung insgesamt, allerdings Zug um Zug gegen Rückgabe der erbrachten Gegenleistung (BGHZ 107, 156 zum Schenkungswiderruf; BGH, NJW 2017, 1035 zum Anfechtungsgesetz; BGH, ZIP 2020, 2348 zu § 134 InsO).

 

Im Streitfall besteht aber die Besonderheit, dass eine Rückgewähr der Leistung rechtlich nicht möglich ist. Wie bereits dargelegt, hat nicht der Schuldner einen Miteigentumsanteil veräußert, der grundsätzlich nach Vereinigung aller Miteigentumsanteile in einer Hand neu gebildet und rückübertragen werden könnte (Kirchhof/Piekenbrock, MünchKomm zur Insolvenzordnung, Rdz. 51 zu § 143 InsO m. Literaturnachweisen in Fn. 268); vielmehr ist, wie bereits dargelegt, eine auf einen einzelnen Nachlassgegenstand beschränkte Auseinandersetzung der Erbengemeinschaft erfolgt, die – ebenso wenig wie eine Auseinandersetzung der Erbengemeinschaft insgesamt – in der Weise rückgängig gemacht werden kann, dass hinsichtlich des ausgeschiedenen Nachlassgegenstandes eine Neubegründung der Erbengemeinschaft vorgenommen wird (Palandt-Weidlich, 80. Aufl., Rdz. 18 zu § 2042 BGB m. Nachweisen aus der Rspr.). Eine Rückgewähr des in anfechtbarer Weise weggegebenen Gegenstandes in Natur scheidet deshalb aus (Kirchhof/Piekenbrock, a.a.O., Rdz. 38; BGHZ 72, 39 zu § 37 KO). Der Anspruch aus § 143 Abs. 1 Satz 1 InsO richtet sich bei einer solchen Fallgestaltung von vorneherein auf Wertersatz (BGH, a.a.O.).

 

Für die Berechnung des in Geld zu leistenden Wertersatzes ist grundsätzlich auf den Zeitpunkt der letzten mündlichen Verhandlung in der Tatsacheninstanz abzustellen (BGHZ 89, 189; Kirchhof/Piekenbrock, a.a.O., Rdz. 114 zu § 143 InsO). Dem steht die Entscheidung des BGH vom 09.07.1987 (BGHZ 101, 286) nicht entgegen. Zwar hat der BGH in dieser zu § 37 Abs. 1 der Konkursordnung ergangenen Entscheidung für den Fall, dass der Anfechtungsgegner schon zum Zeitpunkt der Eröffnung des Konkursverfahrens nur noch Wertersatz schuldete, für die Berechnung des Anspruchs der Höhe nach auf den Wert des anfechtbar weggegebenen Gegenstandes zum Zeitpunkt der Eröffnung des Verfahrens abgestellt (in der Fn. 556 zur Rdnr. 114 bei Kirchhof/Piekenbrock, a.a.O., ist die Entscheidung unzutreffend zitiert). Dem lag aber die Gestaltung zugrunde, dass die weggegebenen Gegenstände zum Zeitpunkt der Verfahrenseröffnung bereits untergegangen waren bzw. nicht mehr im Eigentum der Anfechtungsgegnerin gestanden hatten. Der Streitfall liegt anders; der in anfechtbarer Weise weggegebene Gegenstand ist in rechtlich veränderter Form nach wie vor im Vermögen des Anfechtungsgegners, des Beklagten, vorhanden, so dass dieser an der inzwischen eingetretenen erheblichen Wertsteigerung der Immobilie teilgenommen hat. Die Rückgewähr in Natur scheidet nur aufgrund der rechtlichen Besonderheit der anfechtbaren Rechtshandlung aus, die in der (Teil-) Auseinandersetzung einer Erbengemeinschaft besteht; wäre diese bereits zuvor erfolgt gewesen und hätte demzufolge der Insolvenzschuldner tatsächlich – wie vom Landgericht irrig angenommen – in anfechtbarer Weise seinen Miteigentumsanteil auf den Beklagten übertragen, so bestünde der Rückgewähranspruch in Natur, dessen wirtschaftlicher Wert den Preisverhältnissen zum Zeitpunkt der letzten Tatsachenverhandlung über diesen Anspruch entspräche. Bei dieser Fallgestaltung ist es nach Auffassung des Senats gerechtfertigt, auch den Wertersatzanspruch nach den Wertverhältnissen zum Zeitpunkt der letzten mündlichen Verhandlung zu bemessen, obwohl von Anfang an nur ein solcher Wertersatzanspruch bestand.

 

Nach der Ermittlung der Sachverständigen Dipl.-Ing. (FH) S… M… beträgt der Wert des Gesamtgrundstückes zum Besichtigungsstichtag 21.07.2020 590.000 €, woraus sich der Wert der in das Vermögen des Beklagten gelangten Leistung zu 295.000 € ergibt. Gegen das Gutachten der Sachverständigen sind Einwendungen nicht erhoben worden, der Senat legt deshalb seiner Entscheidung die Feststellungen der Gutachterin zugrunde. Unter Anrechnung der vom Beklagten erbrachten Leistung von insgesamt 139.220 € verbleibt ein Anspruch des Klägers von 155.780 €.

 

Der Verurteilung des Beklagten zum Wertersatz in dieser Höhe steht der Umstand nicht entgegen, dass der Kläger erstinstanzlich ausschließlich einen (vermeintlichen) Anspruch auf Rückgabe der Leistung in Natur verfolgt hat. In der erst im Berufungsverfahren auf Hinweis des Senats erfolgten (hilfsweisen) Änderung des Klageantrages liegt lediglich eine notwendige Anpassung des Antrages an die Rechtslage (BGHZ 72, 39 unter Tz. 42); auf das Vorliegen der Voraussetzungen des § 533 ZPO kommt es nicht an. Der BGH hat bereits wiederholt entschieden, dass der Übergang vom Primäranspruch (Rückgewähr des Gegenstandes bzw. Duldung der Zwangsvollstreckung) auf den Sekundäranspruch (Wertersatz) keine Klageänderung i. S. d. § 264 ZPO darstellt und gleiches auch für den umgekehrten Fall gilt (siehe etwa BGH, ZIP 2017, 185).

 

Der Zahlungsanspruch ist gemäß § 291 BGB ab dem auf die mündliche Verhandlung vom 13.03.2020, in der der Anspruch erstmals geltend gemacht worden ist, folgenden Tag zu verzinsen. Die nur hilfsweise Geltendmachung des Zahlungsantrages steht dem Eintritt der Rechtshängigkeit nicht entgegen (BGH, NJW-RR 1990, 519).

 

In Höhe von 40.500 € einschließlich anteiliger Zinsen beruht die Verurteilung allerdings auf dem in der mündlichen Verhandlung vom 13.03.2020 erklärten – nicht widerrufbaren – Anerkenntnis. Da der Klägervertreter eine Verzinsung bereits ab dem 13.03.2020 beantragt hatte, führt das Teilanerkenntnis des Beklagten dazu, dass die Verzinsung aus 40.500 € ab diesem Tag zu erfolgen hat. (…)”

 

Resümee

Im Falle einer erfolgreichen Anfechtung ist grundsätzlich der in anfechtbarer Weise weggegebene Gegenstand zurückzugewähren. Ist dies nicht mehr möglich, weil dieser beim Anfechtungsgegner bereits vor Insolvenzeröffnung untergegangen oder sonst nicht mehr vorhanden ist, so ist nach der Rechtsprechung des BGH Wertersatz berechnet auf den Stichtag der Insolvenzeröffnung zu leisten.

 

Das OLG Nürnberg differenziert hier für den Fall, dass eine Rückgewähr aus rechtlichen Gründen nicht mehr möglich, aber der Gegenstand grundsätzlich noch beim Anfechtungsgegner vorhanden ist. Und lässt dann den Anfechtungsanspruch nach dem Wert bemessen, den der Gegenstand am Schluss der mündlichen Verhandlung hat. Da hier im Fall der Wert der Immobilie gestiegen ist, partizipiert die Insolvenzmasse entsprechend an der Wertsteigerung wie wenn der Gegenstand wieder zurückgewährt worden wäre.

 

Eine im Grundsatz überzeugende Begründung. Es bleibt abzuwarten, ob die Nichtzulassungsbeschwerde vom BGH angenommen bzw. wie er entscheiden wird.

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