Kontakt
Rechtsanwalt Jochen König

Vollbeweis für die Forderung des antragstellenden Gläubigers

Autor: Jochen König

Thema: Insolvenzantragstellung und Begleitung im Insolvenzverfahren

Veröffentlicht am: 5. März 2021

Stützt ein Gläubiger den Insolvenzantrag nicht auf eine einzelne, sondern auf mehrere, auf gleichgelagerten Lebenssachverhalten beruhende Forderungen, hat er den Bestand der Forderungen zur Überzeugung des Gerichts zu beweisen, soweit diese Forderungen zugleich den Eröffnungsgrund bilden.

(BGH, Beschluss vom 14.01.2021 – IX ZB 12/20)

 

Anmerkung:

Der BGH stellt in seiner Entscheidung nochmals heraus, unter welchen Gesichtspunkten es genügt, im Eröffnungsverfahren als den Insolvenzantrag stellender Gläubiger seine Forderung nur glaubhaft machen zu müssen und wann ein Vollbeweis erforderlich ist.

 

Sachverhalt:

Aus den Gründen des Beschlusses: „Die Antragstellerin, eine chinesische Vermögensverwaltungsgesellschaft mit Sitz in Shanghai, hat die Eröffnung des Insolvenzverfahrens über das Vermögen der Schuldnerin beantragt. Gesellschaftszweck der Schuldnerin war die Errichtung, der Vertrieb und der Handel mit Photovoltaik-Anlagen und/oder Teilen davon. Grundlage des Antrags sind rückständige Kaufpreisforderungen, welche die Antragstellerin aus abgetretenem Recht geltend macht.

 

Sämtliche aus dem Verkauf von Solarmodulen herrührenden Kaufpreisforderungen hatten ursprünglich demselben Gläubiger zugestanden und waren auf nur eine dauerhafte Geschäftsverbindung zwischen dem ursprünglichen Gläubiger und der Schuldnerin zurückgegangen. Sämtliche geltend gemachten Forderungen beruhen auf gleichgelagerten, durch die vertragliche Gestaltung verknüpften Lebenssachverhalten. Außerdem erhebt die Schuldnerin gegen sämtliche geltend gemachten Forderungen dieselben Einreden und Einwendungen.

 

Das Insolvenzgericht hat den Insolvenzantrag als unzulässig verworfen. Die sofortige Beschwerde der Antragstellerin ist erfolglos geblieben. Mit ihrer vom Beschwerdegericht zugelassenen Rechtsbeschwerde verfolgt die Antragstellerin den Eröffnungsantrag weiter.

 

Die Rechtsbeschwerde hat keinen Erfolg.“

 

Entscheidungsgründe:

Der BGH führt hierzu aus:

„Nach § 14 Abs. 1 Satz 1 InsO muss der Gläubiger ein rechtliches Interesse an der Eröffnung des Insolvenzverfahrens haben und seine Forderung sowie den Eröffnungsgrund glaubhaft machen. Die Eröffnung des Insolvenzverfahrens setzt allerdings voraus, dass das Insolvenzgericht vom Vorliegen eines Eröffnungsgrunds überzeugt ist (BGH, Beschluss vom 13. April 2006 – IX ZB 118/04, NZI 2006, 405 Rn. 6; Uhlenbruck/Mock, InsO, 15. Aufl., § 16 Rn. 9).

 

Ist der Eröffnungsgrund (Zahlungsunfähigkeit oder Überschuldung) unabhängig davon gegeben, ob die Forderung des antragstellenden Gläubigers gegen den Schuldner besteht, setzt die Eröffnung des Insolvenzverfahrens nicht voraus, dass der Richter vom Bestehen dieser Forderung überzeugt ist.

 

In diesem Fall genügt zur Eröffnung des Insolvenzverfahrens – neben der anderweitig gewonnenen Überzeugung des Richters vom Vorliegen des Insolvenzgrunds – die Glaubhaftmachung der Forderung durch den antragstellenden Gläubiger.

 

Hängt das Vorliegen des Eröffnungsgrunds dagegen vom Bestand der Forderung des antragstellenden Gläubigers dergestalt ab, dass der Schuldner nur dann zahlungsfähig oder überschuldet ist, wenn die von dem antragstellenden Gläubiger geltend gemachte Forderung besteht, reicht die Glaubhaftmachung der Forderung nicht aus.

 

In diesem Fall hat der Gläubiger den Bestand seiner Forderung zu beweisen, wenn ihr der Schuldner substantiiert widerspricht (st. Rspr.; vgl. BGH, Beschluss vom 19. Dezember 1991 – III ZR 9/91, ZIP 1992, 947; vom 14. Dezember 2005 – IX ZB 207/04, ZIP 2006, 247 Rn. 3, 6; vom 29. März 2007 – IX ZB 141/06, ZIP 2007, 1226 Rn. 7; vom 6. Mai 2010 – IX ZB 176/09, ZInsO 2010, 1091 Rn. 5 ff). Der Beweis kann durch die Vorlage eines Titels über die Forderung geführt werden. In diesem Fall obliegt es dem Schuldner, etwaige Einwände gegen die Forderung in dem dafür vorgesehenen Verfahren überprüfen zu lassen. Ist die Forderung dagegen nicht tituliert, gehen Zweifel zu Lasten des antragstellenden Gläubigers. Es gehört nicht zu den Aufgaben des Insolvenzgerichts, den Bestand ernsthaft bestrittener, rechtlich zweifelhafter Forderungen zu überprüfen. Fällt die tatsächliche oder rechtliche Beurteilung nicht eindeutig aus, ist der Gläubiger auf den Prozessweg zu verweisen (BGH, Beschluss vom 14. Dezember 2005, aaO Rn. 6; vom 29. März 2007, aaO Rn. 7).“

 

Resümee:

Ist der Eröffnungsgrund für das Gericht bereits anderweitig als gegeben anzusehen, so genügt dem antragstellenden Gläubiger eine Glaubhaftmachung seiner Forderung um die Eröffnungsentscheidung herbeizuführen.

 

Ist die Forderung des Antragstellers aber zur Nachvollziehbarkeit des Eröffnungsgrundes von entscheidender Bedeutung, bedarf es eines Vollbeweises für die vom Antragsteller behauptete Forderung.

Landkarte Bayern
Standort Symbol
Kanzlei Fürth

Hallstraße 9
90762 Fürth
0 911 766750

Standort Symbol
Kanzlei Ansbach

Karlstraße 9
91522 Ansbach
0 981 9531960

Standort Symbol
Kanzlei Bamberg

Friedrichstraße 15
96047 Bamberg
0 951 297430

Standort Symbol
Kanzlei München

Ohmstraße 7/I
80802 München
0 89 9995450

Standort Symbol
Kanzlei Neustadt

Wilhelmstraße 26
91413 Neustadt/Aisch
0 9161 813900

Standort Symbol
Kanzlei Würzburg

Winterleitenweg 19
97082 Würzburg
0 931 9403410

Kontaktieren Sie uns gerne!

Sie suchen einen Anwalt in Fürth, Neustadt, Bamberg, Ansbach, Würzburg oder München?

Auf uns können Sie sich verlassen. Wir beraten Sie zu Ihrem Rechtsanliegen und finden individuell für Sie die beste Lösung. Verwenden Sie das Kontaktformular, oder nutzen Sie unser eMandat, um uns Ihren Fall ganz unkompliziert zu schildern.

    Weitere Beiträge

     - Rechtsanwalt bei Raab und Kollegen Dr. Alexander Raab

    7. Juni 2023

    Insolvenzantragsverfahren über Sondervermögen

    Aufgrund bestehender Liquiditätsprobleme musste die Gewerbepark Alte Fabrik Altenburg GmbH & Co. KG am 14.05.2023 einen Insolvenzantrag beim Insolvenzgericht Ingolstadt stellen. Um den Betrieb dennoch aufrecht erhalten zu können, wurde... Mehr lesen...

     - Rechtsanwalt bei Raab und Kollegen Jochen König

    21. Februar 2023

    Klassifikation von Leistungen während des Insolvenzverfahrens

    Hat ein Gläubiger seine Leistung teils vor und teils nach der Eröffnung des Insolvenzverfahrens erbracht, ist er mit dem der vorinsolvenzlichen Leistung entsprechenden Teil seines Anspruchs auf die Gegenleistung Insolvenzgläubiger... Mehr lesen...

     - Rechtsanwalt bei Raab und Kollegen Jochen König

    31. Januar 2023

    Pflegegeld ist nicht pfändbar

    Das an die Pflegeperson weitergeleitete Pflegegeld ist unpfändbar (BGH, Beschluss vom 20. Oktober 2022 – IX ZB 12/22).Das an die Pflegeperson weitergeleitete Pflegegeld ist unpfändbar (BGH, Beschluss vom 20. Oktober... Mehr lesen...

     - Rechtsanwalt bei Raab und Kollegen Jörg Matthews

    27. Juli 2022

    Keine Fortsetzung einer GmbH nach Abweisung des Insolvenzverfahrens mangels Masse

    Der BGH hatte in seiner Entscheidung vom 25.1.2022 (Az. II ZB 8/21) erneut die Möglichkeit, zur Frage der Fortführung einer Gesellschaft nach rechtskräftiger Ablehnung eines Insolvenzverfahrens mangels Masse (§ 60... Mehr lesen...

     - Rechtsanwalt bei Raab und Kollegen Jochen König

    7. Juli 2022

    Insolvenzrisiko im Rahmen des SEPA-Basis-Lastschriftverfahrens

    Entfällt die aufgrund einer SEPA-Basis-Lastschrift erfolgte Gutschrift auf dem Gläubigerkonto infolge eines Erstattungsverlangens des Zahlungsschuldners und kommt es zu einer entsprechenden Rückbelastung des Gläubigerkontos, kann der Zahlungsgläubiger seinen Zahlungsschuldner aus... Mehr lesen...