Was jeder über den Pflichtteil wissen muss
Die Regelungen zum Pflichtteil sind für viele ein komplexes Thema, besonders wenn es um die Erstellung eines Testaments geht. Wer hat Anspruch auf den Pflichtteil, wie wird er berechnet und... Mehr lesen...
Autor: Radu Hodis-Mayer
Thema: Baurecht
Veröffentlicht am: 29. April 2021
Es steht den Parteien eines Bauvertrages frei, Termine für die Erfüllung der vertraglich vereinbarten Leistungen zu vereinbaren. Fehlt es jedoch an einer ausdrücklichen Qualifizierung dieser Termine, führt die unterschiedliche Interessenlage zu gegenteiligen Auffassungen über deren Rechtsnatur. Hiervon hängt unter anderem auch die Berechtigung der Auftraggeberseite ab, den Vertrag bei einer Fristüberschreitung, außerordentlich zu kündigen.
Entscheidung
Nach dem Vertrag war die Beklagte („auf Flachdachsanierung und -abdichtung spezialisiertes Unternehmen“) verpflichtet, Dachabdichtungsarbeiten bis zum 31.8.2018 abnahmereif fertigzustellen. Für die Aufstellung der vereinbarten Gerüste und Ausführung von Dachrandsicherungen wurden, im Rahmen nachträglicher Gespräche, Termine festgelegt. Nachdem diese Termine nicht eingehalten worden sind und die gesetzte Frist fruchtlos abgelaufen ist, kündigte die Klägerin den Bauvertrag am 9.8.2018. Die Beklagte macht unter anderem Ansprüche für nicht erbrachte Leistungen nach Kündigung eines VOB-Bauvertrages geltend. Das Gericht geht aber von einer wirksamen außerordentlichen Kündigung aus, mit der Folge, dass Vergütungsansprüche für nicht erbrachte Leistungen ausscheiden. Die Auftragnehmerin sei mit dem Aufbau des Gerüstes und der Errichtung der Dachrandsicherung in Verzug geraten, denn die Parteien hätten, aus Sicht eines objektiven Empfängers, eine Zwischenfrist gemäß § 5 Abs. 1 S. 2 VOB/B vereinbart. Für diese Auslegung würde insbesondere die Bedeutung dieser Leistungen sprechen. Es handele sich hierbei um „fortgangswichtige Teile der Leistung“.
Fazit
Nach § 5 Abs. 1 S. 2 VOB/B gelten Einzelfristen „nur dann als Vertragsfristen, wenn dies im Vertrag ausdrücklich vereinbart ist“. Eine ausdrückliche Bezeichnung als Vertragsfrist ist jedoch nicht erforderlich. Das besondere und für den Vertragspartner offenkundige Interesse der Auftraggeberseite an der Einhaltung dieser Fristen kann eine solche Qualifizierung rechtfertigen. Dies sei insbesondere bei wesentlichen Arbeitsschritten anzunehmen. Den Vertragsparteien ist daher anzuraten, für eine zweifelsfreie Vereinbarung zu sorgen, um Streitigkeiten im Zusammenhang mit der Auslegung solcher Vereinbarungen zu vermeiden.
OLG Stuttgart Urteil vom 1.12.2020, 10 U 124/20
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