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Kein “rechts vor links” auf Parkplätzen ohne eindeutige Regelung

Der sechste Zivilrechtssenat des BGH hatte im November 2022 darüber zu entscheiden, ob auf einem Parkplatz die allgemeine Verkehrsregel “rechts vor links” Anwendung findet.

Auf dem Parkplatz eines Baumarktes befuhr der Kläger zum Unfallzeitpunkt die sich zwischen den Parkbuchten befindliche Fahrgasse und kollidierte an einer Kreuzung mit dem aus Sicht des Klägers von links kommenden Fahrzeugs des Beklagten. Auf dem Parkplatz existierte keine eindeutige Regelung der Vorfahrt. Es war auch keine andere deutliche Abgrenzung der Fahrspuren voneinander, wie etwa durch die Pflasterung oder andere visuelle oder taktile Merkmale, vorhanden, welche diese als straßenähnlich erkennen ließen.

Die Parteien stritten um die Haftung dem Grunde nach.

Das AG Lübeck gab der Klage in erster Instanz unter Annahme einer Haftungsquote von 70 % zu 30 % zu Lasten des Beklagten teilweise statt. Auch das LG Lübeck hielt als Berufungsgericht die Entscheidung der Vorinstanz aufrecht. Beide Gerichte waren der Ansicht, dass bei einem derart gelagerten Sachverhalt die Regelung “rechts vor links” keine Anwendung findet.

Der BGH bestätigte schließlich diese Rechtsauffassung. In seiner Entscheidung führte das Gericht aus, dass § 8 Abs. 1 S. 1 StVO auf öffentlichen Parkplätzen ohne ausdrückliche Vorfahrtsregelung weder unmittelbar noch im Rahmen einer Pflichtenkonkretisierung nach § 1 Abs. 2 StVO Anwendung finde. Eine Anwendbarkeit der beiden Vorschriften komme nur dann in Betracht, wenn die Fahrbahnen einen eindeutigen Straßencharakter aufweisen.

Die Argumentation stützte der BGH darauf, dass der Parkplatz als Ganzes keine Straße sei oder dort straßenähnliche Verhältnisse herrschten und folglich auch entsprechende Besonderheiten einer Straße nicht gegeben sind. Ein Parkplatz sei grundsätzlich eine Fläche, die in alle Richtungen befahren werden könne. Es lasse sich keine eindeutige Zielrichtung und damit auch keine Priorisierung einer bestimmten Fahrtrichtung feststellen. Damit fehle es für die Anwendbarkeit des § 8 Abs. 1 S. 1 StVO an einer vom Schutzzweck der Norm gedeckten Entsprechung.

Die gesetzliche Vorfahrtsregelung dient dem zügigen Verkehr auf bevorrechtigten Straßen und soll damit durch klare und sichere Verkehrsregeln auch die Sicherheit des Straßenverkehrs gewährleisten. Demgegenüber dienen die Fahrtwege auf einem Parkplatz der gleichmäßigen und effizienten Erschließung der einzelnen Parkbuchten und sollen dabei auch den Be- und Entladevorgang von Fahrzeugen ermöglichen. Außerdem seien auch andere Verkehrsteilnehmer, wie z.B. Fußgänger, auf Parkplätzen unterwegs.

Unter Beachtung der vorgenannten Gesichtspunkte verbleibe dabei kein Raum für eine Priorisierung einzelner Fahrtrichtungen.

Auch die weitverbreitete Fehlannahme, dass eine “rechts vor links” – Regelung auf öffentlichen Parkplätzen Anwendung findet, ändert an der Einschätzung des BGH nichts. Zwar müsse grundsätzlich damit gerechnet werden, dass sich ein von rechts kommendes Fahrzeug für vorfahrtsberechtigt hält. Allerdings folge daraus noch keine gesteigerte Sorgfaltspflicht des von links Kommenden.

Bundesgerichtshof, Urteil vom 22.11.2022 – VI ZR 344/21

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