Kontakt
Rechtsanwalt Sebastian Kern

Handy am Steuer: Radfahrer überfahren – Verurteilung wegen fahrlässiger Tötung

Autor: Sebastian Kern

Thema: Verkehrsrecht

Veröffentlicht am: 1. Juli 2022

Der Angeklagte wurde vom Amtsgericht Paderborn wegen fahrlässiger Tötung in Tateinheit mit fahrlässiger Körperverletzung zu einer Freiheitsstrafe von zwei Jahren verurteilt. Auf seine Berufung hin hat das Landgericht Paderborn die Freiheitsstrafe auf ein Jahr und neun Monate herabgesetzt. Allerdings wurde die Vollstreckung der Strafe entgegen des Begehrens des Angeklagten auch vom Berufungsgericht nicht zur Bewährung ausgesetzt. Das Oberlandesgericht Hamm hatte dann über die Revision des Angeklagten gegen das Urteil des LG Paderborn zu entscheiden.

 

Das OLG Hamm verwarf die Revision des Angeklagten mit Urteil vom 17.03.2022 und bestätigte damit die Verurteilung zu einer Freiheitsstrafe von einem Jahr und neun Monaten ohne Bewährung durch das LG Paderborn, weil die Nachprüfung des Urteils keinen Rechtsfehler zum Nachteil des Angeklagten ergeben habe.

 

Der Angeklagte befuhr im April 2019 mit seinem PKW die Verner Straße in Richtung Salzkotten. Nach den getroffenen Feststellungen fuhr er mit überhöhter Geschwindigkeit (zulässige Höchstgeschwindigkeit: 70 km/h), las dabei auf seinem Handy zwei Textnachrichten und schrieb eine sehr kurze Antwort, bevor er das Handy in der Mittelkonsole ablegte. Weil er dadurch abgelenkt war, hatte der Angeklagte nicht bemerkt, dass er sich in der langgezogenen Rechtskurve einer Mutter auf dem Fahrrad mit ihrer 3-jährigen Tochter auf dem Kindersitz und der davor mit ihrem Kinderfahrrad fahrenden 6-jährigen Tochter näherte. Als er wieder aufschaute, war es schon zu spät. Zwar versuchte der Angeklagte noch abzubremsen, kollidierte jedoch mit einer Geschwindigkeit von mindestens 82 km/h mit den Fahrradfahrern. Infolge des Unfalls wurde die Mutter getötet und beide Mädchen schwer verletzt.

 

Im Rahmen der Strafzumessung wertete das LG Paderborn zu Gunsten des Angeklagten sein frühes und umfassendes Geständnis, welches gerade auch den Kindern eine Aussage im Laufe der Hauptverhandlung ersparte, den Umstand, dass er bislang polizeilich nicht in Erscheinung getreten war, seine mehrfachen Entschuldigungen bei den Angehörigen sowie die Zahlung eines Schmerzensgeldes in Höhe von 10.000 Euro, welches der Angeklagte über einen dafür aufgenommenen Kredit finanzierte. Zu Lasten des Angeklagten war zu berücksichtigen, dass er während der Fahrt sein Handy bediente und er die zulässige Höchstgeschwindigkeit um mindestens 15 km/h überschritt. Gerade in dem Verfassen einer Textnachricht während des Autofahrens liegt nach Auffassung des Gerichts eine so massive Ablenkung vom Verkehrsgeschehen, die den Vorwurf einer ganz erheblichen Sorglosigkeit und Verantwortungslosigkeit des Angeklagten begründet.

 

Trotz der vorgenannten, für den Angeklagten sprechenden Strafzumessungsgesichtspunkte entschied sich das LG Paderborn gegen eine Strafaussetzung zur Bewährung. Insoweit könne dem Angeklagten zwar eine günstige Sozialprognose gestellt werden und es lägen auch besondere Umstände vor, die die begehrte Strafaussetzung einer über ein Jahr hinausgehenden Freiheitsstrafe ausnahmsweise zulassen würden (§ 56 Abs. 1 und Abs. 2 StGB). Eine Strafaussetzung scheitere aber daran, dass die Vollstreckung der Freiheitsstrafe im konkreten Fall zur Verteidigung der Rechtsordnung geboten sei (§ 56 Abs. 3 StGB). Denn gerade der vorsätzliche Verstoß des Angeklagten gegen das in § 23 Abs. 1a StVO geschriebene Verbot, Mobiltelefone aufzunehmen und/oder zu bedienen, stelle sich hier als besonders schwerwiegend dar. Nur für einen ganz belanglosen Austausch von Textnachrichten habe sich der Angeklagte bedenkenlos über das Verbot und die dadurch geschützten Sicherheitsinteressen der anderen Verkehrsteilnehmer hinweggesetzt. Nach Auffassung des LG Paderborn sei dabei gerade auch diese Tat Ausdruck der verbreitet herrschenden Einstellung, die offensichtlich diese durch einen erheblichen Unrechtsgehalt gekennzeichnete Norm nicht ernst nehme und von vorneherein auf die Aussetzung einer etwaigen Freiheitsstrafe zur Bewährung vertraue.

 

Oberlandesgericht Hamm, Urteil vom 17.03.2022 – III-4 RVs 13/22 –

Landkarte Bayern
Standort Symbol
Kanzlei Fürth

Hallstraße 9
90762 Fürth
0 911 766750

Standort Symbol
Kanzlei Ansbach

Karlstraße 9
91522 Ansbach
0 981 9531960

Standort Symbol
Kanzlei Bamberg

Friedrichstraße 15
96047 Bamberg
0 951 297430

Standort Symbol
Kanzlei München

Ohmstraße 7/I
80802 München
0 89 9995450

Standort Symbol
Kanzlei Neustadt

Wilhelmstraße 26
91413 Neustadt/Aisch
0 9161 813900

Standort Symbol
Kanzlei Würzburg

Winterleitenweg 19
97082 Würzburg
0 931 9403410

Kontaktieren Sie uns gerne!

Sie suchen einen Anwalt in Fürth, Neustadt, Bamberg, Ansbach, Würzburg oder München?

Auf uns können Sie sich verlassen. Wir beraten Sie zu Ihrem Rechtsanliegen und finden individuell für Sie die beste Lösung. Gerne können Sie auch unser eMandat nutzen, um uns Ihren Fall ganz unkompliziert zu schildern.

Weitere Beiträge

 - Rechtsanwalt bei Raab und Kollegen Frank P. Gäbelein

5. April 2023

Kündigung einer ungeimpften medizinischen Fachangestellten

Maßregelungsverbot – Kündigung einer nicht gegen das Coronavirus geimpften medizinischen Fachangestellten   Gemäß § 612a BGB ist es Arbeitgebern untersagt, Arbeitnehmer zu benachteiligen, weil diese ihre Rechte in zulässiger Weise... Mehr lesen...

 - Rechtsanwalt bei Raab und Kollegen Sebastian Kern

23. März 2023

Wer in eine länger geöffnete Fahrzeugtür fährt trägt ein Mitverschulden

Das LG Saarbrücken hatte sich mit der Frage zu befassen, ob den Kläger ein Mitverschulden trifft, wenn er mit seinem Auto die schon länger geöffnete Tür eines anderen am Fahrbahnrand... Mehr lesen...

 - Rechtsanwalt bei Raab und Kollegen Sebastian Kern

15. März 2023

Kein „rechts vor links“ auf Parkplätzen ohne eindeutige Regelung | Verkehrsrecht

Der sechste Zivilrechtssenat des BGH hatte im November 2022 darüber zu entscheiden, ob auf einem Parkplatz die allgemeine Verkehrsregel "rechts vor links" Anwendung findet.   Auf dem Parkplatz eines Baumarktes... Mehr lesen...

 - Rechtsanwalt bei Raab und Kollegen Sebastian Kern

8. März 2023

Verkehrsrecht – Hupen reicht nicht aus

Auch wer hupt, muss die Gefahr weiterhin im Auge behalten. In seinem Urteil vom 20.01.2023 entschied das LG Saarbrücken, dass ein Hupen als Warnzeichen kein Vertrauen auf den Abbruch einer... Mehr lesen...

 - Rechtsanwalt bei Raab und Kollegen Frank P. Gäbelein

1. März 2023

Zulässigkeit unterschiedlich hoher Tarifzuschläge bei Nachtarbeit

Unterschiedliche Nachtarbeitszuschläge: Warum unregelmäßige Nachtarbeit höher vergütet wird   In der Arbeitswelt und vor allem in der Lebensmittelindustrie gibt es häufig Tarifverträge, die für unregelmäßige Nachtarbeit höhere Zuschläge vorsehen als... Mehr lesen...