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Rechtsanwalt Frank P. Gäbelein

Fortbestand der Schwerbehindertenvertretung bei Absinken der Beschäftigtenzahl

Autor: Frank P. Gäbelein

Thema: Arbeitsrecht (Arbeitgeber)

Veröffentlicht am: 15. März 2023

Die Schwerbehindertenvertretung (SBV) ist die gewählte Interessenvertretung schwerbehinderter und gleichgestellter Beschäftigter in Betrieben mit mindestens fünf schwerbehinderten Mitarbeitenden. Nach § 177 Abs. 1 Satz 1 SGB IX wird sie für eine reguläre Amtszeit von vier Jahren gewählt, um sicherzustellen, dass schwerbehinderte Beschäftigte auf Augenhöhe ihre Belange vertreten sehen.

 

Schwellenwert für Zahl der schwerbehinderten Beschäftigten unterschritten

 

Das Bundesarbeitsgericht (BAG) hatte in einem aktuellen Beschluss vom 19.10.2022 zu klären, ob das Amt der Schwerbehindertenvertretung vorzeitig endet, wenn die Zahl der schwerbehinderten Beschäftigten im Betrieb während der Amtszeit unter die erforderlichen fünf Personen sinkt. Der Fall betraf einen Betrieb in Köln mit rund 120 Mitarbeitenden, in dem die Schwerbehindertenvertretung im November 2019 gewählt wurde. Im August 2020 fiel die Zahl der schwerbehinderten Beschäftigten jedoch auf vier. Die Arbeitgeberin informierte daraufhin die Schwerbehindertenvertretung, dass ihr Amt aufgrund dieser Unterschreitung erloschen sei und die verbleibenden schwerbehinderten Mitarbeitenden nun von einer anderen SBV vertreten würden.

 

Die Schwerbehindertenvertretung beantragte vor Gericht die Feststellung, dass ihr Amt nicht durch das Absinken der Zahl schwerbehinderter Mitarbeitender endete. Nach Entscheidungen des Arbeitsgerichts Köln und des Landesarbeitsgerichts Köln zugunsten der Arbeitgeberin legte die SBV Rechtsbeschwerde beim BAG ein.

 

BAG stärkt Rechte der Schwerbehindertenvertretung

 

Das BAG entschied schließlich zugunsten der Schwerbehindertenvertretung: Auch wenn die Anzahl schwerbehinderter Mitarbeitender im Betrieb unter den Schwellenwert sinkt, endet das Amt der Schwerbehindertenvertretung nicht vorzeitig. Das Gericht stellte fest, dass das Gesetz keine ausdrückliche Regelung enthält, die das Erlöschen der Amtszeit bei Unterschreitung der fünf-Personen-Grenze vorsieht. Auch systematische oder gesetzliche Gründe, die eine vorzeitige Beendigung des Amtes rechtfertigen könnten, seien nicht gegeben. Der Gesetzgeber habe mit dem Schwellenwert von fünf schwerbehinderten Mitarbeitenden lediglich festgelegt, wann die Wahl einer Schwerbehindertenvertretung erforderlich ist – nicht aber, dass das Amt erlischt, wenn sich die Zahl verringert.

 

Dieses Urteil stärkt die Vertretungsrechte schwerbehinderter Mitarbeitender

 

Dieses Urteil stärkt die Vertretungsrechte schwerbehinderter Mitarbeitender und verhindert, dass kurzfristige Personalveränderungen im Unternehmen die Interessenvertretung gefährden. Das BAG verdeutlichte, dass eine vorzeitige Beendigung der Amtszeit nicht im Sinne des Gesetzes sei, sondern die gewählte Amtszeit von vier Jahren unabhängig von personellen Schwankungen fortdauert.

Bundesarbeitsgericht, Beschluss vom 19.10.2022 – 7 ABR 27/21

Pressemitteilung 41/22 vom 19.10.2022

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