Kontakt
Rechtsanwalt Frank P. Gäbelein

Anspruch auf Lohnfortzahlung im Krankheitsfall – Beweiswert einer Arbeitsunfähigkeitsbescheinigung

Autor: Frank P. Gäbelein

Thema: Arbeitsrecht (Arbeitnehmer)

Veröffentlicht am: 16. September 2021

Nach der Kündigung eines Arbeitsverhältnisses kommt es nicht selten vor, dass der Arbeitnehmer arbeitsunfähig erkrankt und der Arbeitgeber sodann verpflichtet ist, während der laufenden Kündigungsfrist Lohnfortzahlung im Krankheitsfall zu leisten.

 

Auf Seiten des Arbeitgebers bestehen in diesen Fällen regelmäßig Zweifel an einer tatsächlich eingetretenen Arbeitsunfähigkeit und es kommt die Frage auf, ob tatsächlich die Verpflichtung zur Lohnfortzahlung besteht und auf welche Weise der Beweiswert einer Arbeitsunfähigkeitsbescheinigung erschüttert werden kann.

 

Mit einem solchen Fall hatte sich das Bundesarbeitsgericht im Rahmen eines aktuellen Urteils vom 08.09.2021 (5 AZR 149/21) zu beschäftigen. Dem Urteil lag dabei der nachfolgende Sachverhalt zu Grunde:

 

Die klagende Arbeitnehmerin war bei der Beklagten seit Ende August 2018 als kaufmännische Angestellte beschäftigt. Am 08.02.2019 kündigte die Arbeitnehmerin das Arbeitsverhältnis zum 22.02.2019 und legte der Beklagten eine auf den 08.02.2019 datierte, als Erstbescheinigung gekennzeichnete Arbeits-unfähigkeitsbescheinigung vor. Der beklagte Arbeitgeber verweigerte daraufhin die Entgeltfortzahlung. Die Vorinstanzen hatten der auf Entgeltfortzahlung für die Zeit vom 08.02. bis zum 22.02.2019 gerichteten Zahlungsklage der Arbeitnehmerin stattgegeben.

 

Auf die nachträglich zugelassene Revision des beklagten Arbeitgebers hat das Bundesarbeitsgericht die Klage schließlich abgewiesen und dargelegt, dass es den Beweiswert der Arbeitsunfähigkeitsbescheinigung insbesondere dann erschüttern kann, wenn der Arbeitnehmer im Fall der Eigenkündigung am Tag der Kündigung arbeitsunfähig krankgeschrieben wird und die bescheinigte Arbeitsunfähigkeit passgenau die Dauer der Kündigungsfrist umfasst.

 

Die klagende Arbeitnehmerin hatte die von ihr behauptete Arbeitsunfähigkeit zunächst mit einer Arbeitsunfähigkeitsbescheinigung nachgewiesen.

 

Diese ist das gesetzlich vorgesehene Beweismittel. Dessen Beweiswert kann der Arbeitgeber erschüttern, wenn er tatsächliche Umstände darlegt und ggf. beweist, die Anlass zu ernsthaften Zweifeln an der Arbeitsunfähigkeit geben.

 

Gelingt das dem Arbeitgeber, muss der Arbeitnehmer substantiiert darlegen und beweisen, dass er arbeitsunfähig war.

 

Der Beweis kann insbesondere durch Vernehmung des behandelnden Arztes nach entsprechender Befreiung von der Schweigepflicht erfolgen.

 

Im vorliegenden Fall war es dem beklagten Arbeitgeber nach diesen Grundsätzen gelungen, den Beweiswert der Arbeitsunfähigkeitsbescheinigung zu erschüttern.

 

Die Koinzidenz zwischen der Kündigung vom 08.02. zum 22.02.2019 und der am 08.02. bis zum 22.02.2019 bescheinigten Arbeitsunfähigkeit begründet nach Auffassung des BAG einen ernsthaften Zweifel an der bescheinigten Arbeitsunfähigkeit. Die klagende Arbeitnehmerin ist im Prozess ihrer Darlegungslast zum Bestehen einer Arbeitsunfähigkeit nicht hinreichend konkret nachgekommen, sodass die Klage durch das BAG abgewiesen wurde.

 

Bundesarbeitsgericht, Urteil vom 8. September 2021 – 5 AZR 149/21 – (Pressemitteilung 25/21)

Landkarte Bayern
Standort Symbol
Kanzlei Fürth

Hallstraße 9
90762 Fürth
0 911 766750

Standort Symbol
Kanzlei Ansbach

Karlstraße 9
91522 Ansbach
0 981 9531960

Standort Symbol
Kanzlei Bamberg

Friedrichstraße 15
96047 Bamberg
0 951 297430

Standort Symbol
Kanzlei München

Ohmstraße 7/I
80802 München
0 89 9995450

Standort Symbol
Kanzlei Neustadt

Wilhelmstraße 26
91413 Neustadt/Aisch
0 9161 813900

Standort Symbol
Kanzlei Würzburg

Winterleitenweg 19
97082 Würzburg
0 931 9403410

Kontaktieren Sie uns gerne!

Sie suchen einen Anwalt in Fürth, Neustadt, Bamberg, Ansbach, Würzburg oder München?

Auf uns können Sie sich verlassen. Wir beraten Sie zu Ihrem Rechtsanliegen und finden individuell für Sie die beste Lösung. Verwenden Sie das Kontaktformular, oder nutzen Sie unser eMandat, um uns Ihren Fall ganz unkompliziert zu schildern.

    Weitere Beiträge

     - Rechtsanwalt bei Raab und Kollegen Frank P. Gäbelein

    27. Februar 2023

    Verfall von Urlaubsabgeltungsansprüchen

    Neben der Frage der Verjährung von Urlaubsabgeltungsansprüchen (siehe gesonderter Beitrag) hatte sich das Bundesarbeitsgericht (BAG) im Rahmen einer Entscheidung vom gleichen Tag auch mit der Frage des Verfalls von Urlaubsabgeltungsansprüchen... Mehr lesen...

     - Rechtsanwalt bei Raab und Kollegen Frank P. Gäbelein

    3. Februar 2023

    Verjährung von Urlaubsabgeltungsansprüchen

    Die Themenfelder Verfall und Verjährung von Urlaubs- und Urlaubsabgeltungsansprüchen bildet auch zu Beginn des neuen Jahres einen Schwerpunkt der arbeitsgerichtlichen Rechtsprechung. Wie bereits berichtet, hatte der Gerichtshof der Europäischen Union... Mehr lesen...

     - Rechtsanwalt bei Raab und Kollegen Sebastian Kern

    25. Januar 2023

    Urteil für Radfahrer

    Das OLG Düsseldorf entschied mit Endurteil vom 07.12.2021, dass sich ein nach links abbiegender Radfahrer zur Mitte der Fahrbahn einordnen und eine zweite Rückschau vornehmen muss. Im zu entscheidenden Fall... Mehr lesen...

     - Rechtsanwalt bei Raab und Kollegen Sebastian Kern

    16. Januar 2023

    Fuchs rechtfertigt kein starkes Abbremsen

    Das AG Pfaffenhofen entschied mit Endurteil vom 16.09.2022, dass ein Fuchs am Fahrbahnrand keinen zwingenden Grund im Sinne des § 4 Abs. 1 Satz 2 StVO für ein starkes Abbremsen... Mehr lesen...

     - Rechtsanwalt bei Raab und Kollegen Frank P. Gäbelein

    18. Dezember 2022

    Urlaubsanspruch bei Kurzarbeit 2

    Bereits im Rahmen unserer Veröffentlichung vom 09.04.2021 hatten wir die umstrittene Frage thematisiert, ob in Fällen konjunkturbedingter Kurzarbeit eine Kürzung des Urlaubsanspruchs möglich ist und haben insoweit die Urteile des... Mehr lesen...