Amtszeit der Schwerbehindertenvertretung – Fortbestand bei Absinken der Anzahl der schwerbehinderten Beschäftigten unter fünf während der Amtszeit
- 27. April 2023 - 10:33
- | Frank P. Gäbelein
Die Schwerbehindertenvertretung ist die Interessenvertretung der schwerbehinderten und gleichgestellten Beschäftigten.
Sie wird nach § 177 Abs. 1 Satz 1 SGB IX u.a. in Betrieben mit wenigstens fünf – nicht nur vorübergehend beschäftigten – schwerbehinderten Menschen für eine Amtszeit von regelmäßig vier Jahren gewählt.
Im Rahmen eines nunmehr am 01.03.2023 veröffentlichten Beschlusses hatte sich das Bundesarbeitsgericht (BAG) mit der Frage zu beschäftigen, ob das Amt der Schwerbehindertenvertretung vorzeitig endet, wenn die für ihre Wahl notwendige Mindestanzahl von fünf nicht nur vorübergehend beschäftigten schwerbehinderten Beschäftigten im Betrieb oder in der Dienststelle während der Amtszeit unterschritten wird.
In dem der Entscheidung zu Grunde liegenden Sachverhalt war in dem Kölner Betrieb einer Arbeitgeberin mit ungefähr 120 Mitarbeitern im November 2019 eine Schwerbehindertenvertretung gewählt worden. Zum 01.08.2020 sank die Zahl der schwerbehinderten Menschen in diesem Betrieb auf vier Beschäftigte ab. Die Arbeitgeberin informierte die Schwerbehindertenvertretung darüber, dass sie nicht mehr existiere und die schwerbehinderten Beschäftigten von der Schwerbehindertenvertretung in einem anderen Betrieb vertreten würden.
Der Antrag der Schwerbehindertenvertretung auf Feststellung, dass die Amtszeit nicht am 01.08.2020 aufgrund des Herabsinkens der Anzahl der schwerbehinderten Mitarbeiter im Kölner Betrieb der Arbeitgeberin unter fünf beendet ist, wurde durch das Arbeitsgericht Köln abgewiesen. Das Landesarbeitsgericht Köln hat die hiergegen gerichtete Beschwerde der Schwerbehindertenvertretung zurückgewiesen.
Die Rechtsbeschwerde der Schwerbehindertenvertretung vor dem BAG hatte jedoch Erfolg. Das BAG hat festgestellt, dass die Schwerbehindertenvertretung im Amt ist.
Sinkt die Anzahl schwerbehinderter Beschäftigter im Betrieb unter den Schwellenwert von fünf, ist das Amt der Schwerbehindertenvertretung nicht vorzeitig beendet.
Eine ausdrückliche Regelung, die das Erlöschen der Schwerbehindertenvertretung bei Absinken der Anzahl schwerbehinderter Beschäftigter unter den Schwellenwert nach § 177 Abs. 1 Satz 1 SGB IX vorsieht, besteht im Gesetz nicht.
Eine vorzeitige Beendigung der Amtszeit ist auch nicht aus gesetzessystematischen Gründen oder im Hinblick auf Sinn und Zweck des Schwellenwerts geboten.
Bundesarbeitsgericht, Beschluss vom19.10.2022 – 7 ABR 27/21
Pressemitteilung 41/22 vom 19.10.2022
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Frank P. Gäbelein
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