Verzicht des Arbeitnehmers auf das Widerspruchsrecht nach § 613a Abs. 6 BGB / Verwirkung / Anforderungen an das Unterrichtungsschreiben

Mit Urteil vom 28.02.2019 (8 AZR 201/18) hat das Bundesarbeitsgericht entschieden, dass ein Verzicht des Arbeitnehmers auf sein Widerspruchsrecht nach § 613a Abs. 6 BGB durch diesen eindeutig und zweifelsfrei zum Ausdruck gebracht werden muss.

Im Rahmen der Auslegung einer Erklärung als Verzicht des Arbeitnehmers auf sein Widerspruchsrecht nach § 613a Abs. 6 BGB als solches oder als lediglich zeitweiliger Verzicht auf dessen Ausübung ist stets die hohe Bedeutung des Widerspruchsrechts für den Arbeitnehmer zu beachten.

Nach der Rechtsprechung des BAG kann auf das Widerspruchsrecht nach § 613a Abs. 6 BGB durch einseitige Erklärung verzichtet werden. Dabei ist jedoch stets zu unterscheiden, ob tatsächlich ein Verzicht auf das Widerspruchsrecht als solches, oder aber lediglich ein zeitweiliger Verzicht auf dessen Ausübung vorliegt. Voraussetzung eines Verzichts auf das Widerspruchsrecht als solches oder auf dessen Ausübung ist allerdings das Bewusstsein, ein solches Recht zu haben. In diesem Licht sind Erklärungen von Arbeitnehmern stets auszulegen. Soweit hierfür eine vom Arbeitgeber vorgefertigte Einverständniserklärung verwendet wurde, kommt eine Auslegung nach den für AGB geltenden Grundsätzen in Betracht.

Im Rahmen seiner Entscheidung hat das BAG erneut klargestellt, dass an das Unterrichtungsschreiben des Arbeitgebers hohe Anforderungen zu stellen sind, und die Voraussetzungen des § 613 a Abs. 5 BGB erfüllt sein müssen, um den Lauf der  Widerspruchsfrist in Gang zu setzen.

Im Falle eines Betriebs(teil)übergangs haben der Veräußerer und/oder der Erwerber den Arbeitnehmer so zu informieren, dass dieser sich über den Gegenstand des Betriebs(teil)übergangs und die Person des Übernehmers sowie über die in § 613a Abs. 5 BGB genannten Umstände „ein Bild machen“ kann. Dem Arbeitnehmer soll auch die Möglichkeit eröffnet werden, sich weitergehend zu erkundigen und ggf. beraten zu lassen, um dann auf dieser Grundlage über einen Widerspruch gegen den Übergang seines Arbeitsverhältnisses zu entscheiden.

Ob eine Unterrichtung den Anforderungen des § 613a Abs. 5 BGB entspricht, unterliegt der gerichtlichen Überprüfung. Soweit die formalen Anforderungen zur Unterrichtung über die Person des Betriebserwerbers nicht erfüllt sind und/oder Ausführungen zu einem in § 613a Abs. 5 BGB genannten Umstand fehlen bzw. unverständlich oder auf den ersten Blick mangelhaft sind, liegt eine offensichtlich fehlerhafte Unterrichtung vor.

Schließlich hat das Bundesarbeitsgericht im Rahmen des Urteils explizit festgestellt, dass allein die die bloße widerspruchslose Weiterarbeit bei einem neuen Inhaber allein keinen Sachverhalt darstellt, durch den das Widerspruchsrecht verwirkt werden kann. Für die Verwirkung des Widerspruchsrechts muss neben dem Zeitmoment (keine Ausübung des Widerspruchsrechts) weiterhin das Umstandsmoment verwirklicht sein. Ohne das Hinzutreten weiterer Umstände gibt der Arbeitnehmer durch das Erbringen der vertraglich geschuldeten Arbeitsleistung für den neuen Inhaber noch nicht zu erkennen, dass er an der Vertragsbeziehung mit dem bisherigen Arbeitgeber nicht mehr festhalten will und sein Widerspruchsrecht nicht mehr ausüben wird.

Weiterhin hat das BAG klargestellt, dass etwaige Motive des Arbeitnehmers für seinen Widerspruch im Rahmen der Prüfung der Verwirkung des Widerspruchsrechts nicht berücksichtigt warden dürfen. Dies folgt aus den in § 613a Abs. 6 BGB getroffenen Wertungen. Der Gesetzgeber hat bei der Schaffung des § 613a Abs. 6 BGB bewusst davon abgesehen, die Ausübung des Widerspruchsrechts von bestimmten Motiven oder Sachgründen abhängig zu machen.

BAG, Urt. v. 28.02.2019 – 8 AZR 201/18

12.09.2019, 12:05
Kategorien: Veröffentlichungen
Rechtsgebiete: Arbeitsrecht